Die Öl- und Gasindustrie beruht auf kapitalintensiven Prozessen mit kontinuierlichen Ausgaben. Rohmaterialien, z. B. Rohöl, werden in großen Volumina in Erdölprodukte umgewandelt. Daher ist die Prozesskontrolle kritisch. Die Rohmaterialien weisen tendenziell große Schwankungen bei ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften auf, die sich bedeutend auf die Prozessausgaben auswirken können. Ingenieure greifen bevorzugt auf wissenschaftliche Prinzipien und ihre Erfahrung zurück, um die Prozesseinstellungen zu bestimmen, die wahrscheinlich zu den gewünschten Ergebnissen führen. Doch hierbei kann es auch zu Misserfolgen kommen. Regelkarten für die statistische Prozesskontrolle (SPC) sind äußerst nützlich, um zu signalisieren, wann ein Prozess instabil wird. Der Einsatz der SPC, um vor Prozess-Shifts zu warnen, hat jedoch einen Nachteil: In der Zwischenzeit wird ein Produkt mit unklarer Qualität hergestellt.
Hersteller übertragen einen Großteil der Verantwortung für die Qualifizierung der Rohmaterialien an die Lieferanten. Häufig werden Zertifizierungen an die Kunden gesendet, bevor die Materialien eingehen, was in der Regel Tage oder Wochen vor dem Zeitpunkt ist, zu dem die Materialien tatsächlich verarbeitet werden. Was wäre, wenn die von den Lieferanten bereitgestellten Informationen verwendet werden könnten, um noch vor dem Ausführen von Prozessen Shifts zu prognostizieren, damit Gegenmaßnahmen ergriffen werden können? Dieser Artikel erläutert, wie ein Prozessmodell betrieblich bereitgestellt werden kann, um prädiktive statistische Regelkarten für diesen Zweck zu erstellen. Es gibt viele weitere Branchen, in denen Prozesse zur Anwendung kommen, die auf kapitalintensiven Anlagen, kontinuierlichem Durchfluss und eingehenden Rohmaterialien mit bedeutsamen Schwankungen beruhen. So profitieren Unternehmen z. B. auch bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Chemikalien vom Einsatz der prädiktiven SPC.
Dank der neuesten Entwicklungen, um die Minitab ergänzt wurde, sind Modellierungsverfahren äußerst leistungsstark und benutzerfreundlich geworden. Viele Organisationen nutzen Prozessmodelle für die Entwicklung und Verbesserung. Auf der Grundlage der vom Lieferanten mitgeteilten Kennzahlen und der (durch die Techniker gesteuerten) Prozesseingaben wird ein Prozessmodell erstellt, um die Beziehung mit einer Schlüsselausgabe zu bestimmen. Ingenieure ermitteln die richtige Anzahl von Eingaben und den Modelltyp, um eine gute Anpassung und damit sinnvolle Prognosen der Ausgabe zu erzielen. Das Modell wird in ModelOps bereitgestellt und in den Workflow der neuen Daten eingebunden, um Prognosen aufzustellen. Die SPC-Karte wird aus den Modellprognosen erstellt und auf Stabilität überwacht. Wird ein unerwünschter Trend identifiziert, wird das Modell geprüft, um die Prozessvariablen zu ermitteln, deren Werte geändert werden könnten, um den Trend auszugleichen. Alle diese Arbeitsschritte erfolgen vor der Ausführung des Prozesses; dies ist äußerst effektiv zum Minimieren von Qualitätsrisiken.
Das Beispiel umfasst 16 stetige Variablen. Eine dieser Variablen ist eine Kennzahl aus der Lieferantenzertifizierung, die noch vor der Lieferung eines Rohmaterials übermittelt wird. Es gibt diskrete Variablen, darunter die zur Verarbeitung verwendete Einheit, und zwei Haupteinstellungen. Unter Verwendung der schrittweisen Variablenauswahl wird aus 478 Zeilen mit historischen Verarbeitungsdaten ein Modell der multiplen linearen Regression mit guter Anpassung (R-Quadrat ist ca. 67 %) erstellt (Tabelle A).
Tabelle A
Das Diagramm der Zielgrößenoptimierung (Abbildung 1) veranschaulicht die Hebelwirkung der wichtigsten Prädiktorvariablen. Die Kennzahl der Lieferantenzertifizierung und der Anfangsdruck weisen steile, lineare Beziehungen auf, bei denen kleine Änderungen des Werts zu auffälligen Differenzen in der Schlüssel-Antwortvariablen führen. Bei der Abkühltemperatur ist die Auswirkung geringer, und die Änderung der Einheit scheint sich gruppiert auf die Schlüssel-Antwortvariable auszuwirken.
Abbildung 1
Das Regressionsmodell eignet sich gut zum Prognostizieren der Werte der Schlüssel-Antwortvariablen für die historischen Daten. Die Ingenieure können das Modell mit nur einem Mausklick in der Minitab Statistical Software in ModelOps veröffentlichen (Abbildung 2).
Abbildung 2
Neue Daten werden erfasst, damit Prognosen der Schlüsselausgabe aufgestellt werden können. Die Daten umfassen die Kennzahl aus der Lieferantenzertifizierung, statische Eingabewerte für die Einstellungen und aus einer Verteilung erzeugte Daten für Prozessvariablen mit bekannter Streuung. Die Verarbeitungstemperaturen sind ein Beispiel für die Variablen, die aus einer Verteilung erzeugt werden. Die Ingenieure wissen, dass die tatsächliche Temperatur im Prozess um die festgelegte Einstellung herum schwankt. Parameter für die Variablen werden aus Messungen an Punkten im Prozess oder den technischen Spezifikationen der Anlagenhersteller erstellt. Die Variablen werden aus einer ausgewählten Verteilung berechnet, um ein realistisches Verarbeitungsszenario aufzustellen. Dies ist im Grunde dasselbe Verfahren wie in einer Monte-Carlo-Simulation.
Minitab Connect ruft die Daten stündlich ab und übermittelt sie an ModelOps, um Prognosen zu erhalten. Eine Einzelwertkarte mit gleitender Spannweite wird eingesetzt, um den Prozess auf Trends zu überwachen. Es ist äußerst wichtig, dass die historischen Parameter verwendet werden, um die statistischen Eingriffsgrenzen zu berechnen; die simulierten Daten eignen sich hierfür nicht. Die in Abbildung 3 gezeigte prädiktive SPC-Karte veranschaulicht einen erwartungsgemäß stabilen Prozess bis hin zu den letzten 3 Beobachtungen. Die letzten drei Beobachtungen fallen unter die historische untere Eingriffsgrenze. Dies könnte zu Qualitätsproblemen führen, wenn sich der instabile Trend fortsetzt.
Abbildung 3
Das Ingenieurteam prüft das Prozessmodell und stellt fest, dass der Anfangsdruck einfach von 90 auf 120 angehoben werden kann. Die Modelloptimierung zeigt, dass die Änderung bei der Steuereinstellung den durch die Änderung bei der Kennzahl des Lieferanten verursachten Abfall der Ergebniswerte ausgleichen kann. Die vorgeschlagene Änderung des Anfangsdrucks wird in die Quelldatentabelle eingepflegt, und der Datenabruf und die Diagrammerstellung in Connect werden erneut gestartet. Die resultierende Regelkarte (Abbildung 4) bestätigt tatsächlich, dass die Änderung beim Anfangsdruck die negativen Effekte aufgrund der Änderung bei der Kennzahl des Lieferanten ausgeglichen hat.
Abbildung 4
Das Konzept der SPC beruht auf zeitnahen Reaktionen auf sich verändernde Trends, die zu Instabilität führen. Ein instabiler Prozess birgt Qualitätsrisiken und kann zu Materialien außerhalb der Spezifikation oder mit niedrigeren Qualitätsstufen führen. Die Fähigkeit, Regelkarten für einen Prozess zu erstellen, bevor dieser Prozess ausgeführt wird, ist äußerst wertvoll. So können ungünstige Trends ausgeglichen werden, bevor tatsächlich Ausgaben produziert werden. In der Öl- und Gasindustrie kann es hierbei aufgrund des Volumens und der potenziellen Erträge der hergestellten Produkte um Millionen Dollar gehen. Minitab-Lösungen machen das Verfahren zum Aufstellen und Überwachen einer prädiktiven SPC ganz einfach zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Qualitätsmanagements.
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