Welches Regressionsmodell ist für die Instrumentenkalibrierung geeignet?

Jenn Atlas | 2/16/2022

Themen: Datenanalysen, Minitab Statistical Software, Regressionsanalysen

Messgeräte müssen regelmäßig kalibriert werden, um sicherzustellen, dass sie richtig funktionieren. Die Kalibrierung kommt in einer Vielzahl von Anwendungsfällen und Szenarien zum Einsatz, das Ziel ist aber immer dasselbe: sicherstellen, dass das Gerät Ihren Standards entsprechend misst. Für die meisten Qualitätssysteme wird ein zufriedenstellendes Messsystem benötigt; dazu gehört eine geregelte, regelmäßige und dokumentierte Kalibrierung aller Messinstrumente. Ein häufiges Problem, das Ingenieuren hierbei begegnet, ist die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass zwei Instrumente Komponenten auf dieselbe Art und Weise messen.

WIE LÄSST SICH BESTIMMEN, OB ZWEI INSTRUMENTE VERGLEICHBARE MESSWERTE LIEFERN?

Eine Möglichkeit besteht darin, die beiden Instrumente zu vergleichen, indem mit der einfachen linearen Regression eine Regressionslinie angepasst und dann anhand der Modellanpassung geprüft wird, ob die Werte bei einer Reihe von Messwerten gleich sind. Die einfache lineare Regression modelliert die lineare Beziehung zwischen zwei stetigen Variablen: einer Antwortvariablen und einem Prädiktor.

BEISPIEL:

Angenommen, ein Hersteller von medizinischen Geräten möchte bestimmen, ob sein Blutdruckmessgerät einem ähnlichen Modell auf dem Markt entspricht. Um zu prüfen, ob die beiden Instrumente vergleichbare Messwerte liefern, wählt der Hersteller Probanden aus. Diese stellen einen Wertebereich dar, in dem die Messwerte vergleichbar sein müssen. Dann werden die Werte der Probanden mit beiden Instrumenten gemessen. Mit beiden Geräten werden systolische Blutdruckwerte einer Zufallsstichprobe von 60 Personen ermittelt und die Daten dokumentiert. Die Abbildung zeigt einen Auszug aus den 60 Zeilen, wobei jede Zeile einen Messwert mit dem aktuellen und mit dem neuen Instrument darstellt.

Daten des Blutdruckmessgeraetes

In diesem Fall legen wir die Werte unter „Aktuell“ als Prädiktor (x-Variable) und die Werte unter „Neu“ als Antwortvariable (y-Variable) fest. Beim Anpassen einer Regressionslinie an diese Daten zeigt sich, dass die Messwerte des aktuellen Messgeräts die Werte des neuen Messgeräts relativ gut prognostizieren. Das R-Quadrat zeigt, dass mit dem aktuellen Messgerät 98,8 % der Streuung erklärt werden kann, die beim neuen Messgerät beobachtet wird. 

Die Regressionsgleichung lautet:

Neu = -1,387 + 0,9894 Aktuell

 

Anpassungslinie_ Neu vs. Aktuell_Blutdruckmessgeraet

In Anbetracht dieser Daten scheinen die Messwerte für „Aktuell“ die Messwerte für „Neu“ verhältnismäßig gut zu prognostizieren. In der Praxis sehen wir häufig, dass prädiktive Modelle eingesetzt werden, um zu bestätigen, dass die Messwerte eines neuen Geräts so präzise wie die des alten sind. Es gibt auch andere Anwendungsbereiche und Situationen, in denen ein Messwert schneller benötigt wird. Ein Beispiel wären Komponenten oder Stichproben, die im Labor gemessen werden müssen, bevor sie ausgeliefert werden können. Doch Labormessungen können abhängig vom eingesetzten Verfahren viele Stunden dauern. Mit einem Messverfahren, das sofort Ergebnisse liefert, können die Labormesswerte prognostiziert werden, sodass Prüfer und Techniker sofort Feedback zu möglichen Problemen erhalten.

Der Ansatz mit einer einfachen linearen Regression ist gut geeignet, wenn wir davon ausgehen, dass in der horizontalen Richtung (x) keine Fehler vorhanden sind. In diesem Beispiel würde dadurch impliziert, dass das aktuelle Messsystem fehlerfrei ist. Wir wissen allerdings, dass diese Annahme bei Messsystemen nicht sinnvoll ist. Die einfache lineare Regression ist daher in diesem Fall nicht das beste statistische Verfahren. Aber keine Sorge, es gibt ein anderes Verfahren, das genauso einfach zu verwenden ist.

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WAS IST DIE ORTHOGONALE REGRESSION?

Mit der orthogonalen oder auch Deming-Regression kann bestimmt werden, ob zwei Instrumente oder Verfahren vergleichbare Messwerte liefern. Die orthogonale Regression untersucht ebenfalls die lineare Beziehung zwischen zwei stetigen Variablen: einer Antwortvariablen (y) und einem Prädiktor (x). Im Unterschied zur einfachen linearen Regression (Regression der kleinsten Quadrate) enthalten in der orthogonalen Regression sowohl die Antwortvariable als auch der Prädiktor Messfehler. Sie erinnern sich: Bei der einfachen Regression enthält lediglich die Antwortvariable Messfehler. Wenn Sie mit einer einfachen Regression die Vergleichbarkeit bestimmen und beide Variablen Messfehler enthalten, sind die Ergebnisse davon abhängig, bei welcher Variablen die Berechnungen von Fehlerfreiheit ausgehen. Bei der orthogonalen Regression wird dieses Problem berücksichtigt, die Rollen der Variablen haben daher nur wenig Einfluss auf die Ergebnisse.

Bei der einfachen linearen Regression besteht das Ziel darin, die Summe der quadrierten vertikalen Distanzen zwischen den y-Werten und den entsprechenden Werten auf der Anpassungslinie zu minimieren. Bei der orthogonalen Regression sollen die orthogonalen (rechtwinkligen) Distanzen zwischen den Datenpunkten und der Anpassungslinie minimiert werden Auch wenn der Unterschied zwischen diesen beiden Ansätzen zunächst vernachlässigbar scheint: Beim Auswerten von Messwerten und Komponenten in Bezug auf Spezifikationen kann dies zu signifikant unterschiedlichen Schlüssen führen.

Analysieren wir nun die Daten zu den Blutdruckmessgeräten mit der orthogonalen Regression.

Bei der orthogonalen Regression müssen Sie das Verhältnis zwischen der Fehlervarianz in x (Aktuell) und y (Neu) angeben. Wenn das Messverfahren für x und y gleich ist, sind die Varianzen wahrscheinlich gleich, was zu einem Verhältnis von 1 führt. Es ist allerdings empfehlenswert, dieses zu schätzen. Vor der Datenerfassung für die orthogonale Regression wurden verschiedene Untersuchungen zu den beiden Geräten durchgeführt, um die Streuung der Messwerte zu schätzen. Das Fehlervarianzverhältnis wurde mit einer unabhängigen Studie der Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit für jedes Messgerät berechnet, um eine Varianzkomponente für die Wiederholbarkeit für jedes Gerät zu erhalten. Das Verhältnis der beiden Varianzkomponenten für die Schätzwerte der Wiederholbarkeit kann als Eingabe im Feld „Fehlervarianzverhältnis“ verwendet werden. Die Varianz für das neue Gerät beträgt 1,08. Die Varianz für das Gerät des anderen Herstellers beträgt 1,2. Der Techniker entscheidet sich, das neue Messgerät als Antwortvariable und das aktuelle Gerät des anderen Herstellers als Prädiktorvariable festzulegen. Mit diesen Festlegungen liegt das Fehlervarianzverhältnis bei 1,08/1,2 = 0,9.

ERGEBNISSE DER ORTHOGONALEN REGRESSION

Die Darstellung der Anpassungslinie zeigt, dass die Punkte nahe an der Regressionslinie liegen. Dies weist darauf hin, dass das Modell passend für die Daten ist. Hier zeigen wir die Anpassung der kleinsten Quadrate und die orthogonale Anpassung. Die beiden angepassten Gleichungen sind links unten in der Grafik zu sehen.

Die Gleichung der orthogonalen Regression lautet: Neu = 0,644 + 0,995 Aktuell

Diagramm fuer Neu vs. Aktuell mit Anpassungslinien

Auch wenn die beiden Linien sehr ähnlich aussehen, unterscheidet sich die Gleichung der orthogonalen Regression von der Gleichung der einfachen linearen Regression. Mit der Gleichung der orthogonalen Regression können wir die Äquivalenz von zwei Messinstrumenten untersuchen

Wenn eine der folgenden Bedingungen wahr ist, belegen die Ergebnisse, dass die Blutdruckmessgeräte nicht äquivalent sind:

  • Das Konfidenzintervall für die Steigung enthält nicht 1. 
  • Das Konfidenzintervall für die Konstante enthält nicht 0. 

Koeffizienten-Blutdruckmessgeraetes

Normalerweise ist ein Konfidenzniveau von 95 % gut geeignet. Ein Konfidenzniveau von 95 % bedeutet, dass bei 100 Zufallsstichproben aus einer Grundgesamtheit die Konfidenzintervalle für ca. 95 Stichproben den tatsächlichen Wert des Koeffizienten enthalten. Bei einem Datensatz ergibt ein niedrigeres Konfidenzniveau ein kleineres Intervall und ein hohes Konfidenzniveau ein größeres Intervall.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Konfidenzintervall für die Konstante (zwischen ungefähr -2,78 und 4,06) den Wert 0 enthält. Das Konfidenzintervall für die Steigung („Aktuell“, zwischen ungefähr 0,97 und 1,02) enthält 1. Diese Ergebnisse belegen nicht, dass sich die Messwerte der Geräte unterscheiden. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse kann das Unternehmen schließen, dass das neue Messgerät genauso gut ist wie das aktuell auf dem Markt verfügbare Gerät.

SCHLUSSFOLGERUNG

Beim Kalibrieren von zwei Messsystemen kann mit der orthogonalen Regression bestimmt werden, ob die Instrumente oder Verfahren vergleichbare Messwerte liefern. Im Unterschied zur einfachen linearen Regression (auch als Regression der kleinsten Quadrate bezeichnet) enthalten in der orthogonalen Regression sowohl die Antwortvariable als auch der Prädiktor Messfehler. Mit der orthogonalen Regression kann der Hersteller von Medizingeräten mit Sicherheit schließen, dass das eigene Messgerät äquivalent zum heute auf dem Markt verfügbaren Messgerät ist.

Funktionen für die orthogonale Regression sind in den meisten Statistikpaketen enthalten, so auch in der Minitab Statistical Software.

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