Wir sehen immer wieder Fälle, in denen Nutzer ein unerwünschtes Ergebnis feststellen. Out of the Crisis, der klassische Text von W. Edwards Deming, enthält mehrere solche Anekdoten:
"Eine Gruppe von Mitarbeitern bei einem Autohersteller soll monatlich Verkaufszahlen prognostizieren. Dabei werden verschiedene Informationen berücksichtigt. Jeden Monat ist die Prognose im Vergleich zu den tatsächlichen Umsätzen zu hoch oder zu niedrig. Auf der Grundlage dieser Differenz wird der Wert für den folgenden Monat immer nach oben oder unten korrigiert. Man kann sich vorstellen, dass auf diese Weise sichergestellt ist, dass das Verfahren nie verbessert werden kann.“ (S. 331-332)
Ob es um Umsatzzahlen, die Wartezeit beim Arzt oder das Gewicht eines Kupferbarrens geht: Unsere Kunden möchten unerwünschte Ergebnisse korrigieren. Doch ohne zu verstehen, ob das Problem durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst wurde oder in dem Prozess angelegt ist, der das Problem hervorgebracht hat, führen solche Korrekturen im Allgemeinen eher zu einer Verschlechterung, wenn sie denn überhaupt eine Wirkung haben. Regelkartenerleichtern es zu bestimmen, welches der beiden folgenden Lösungswege bei einem unerwünschten Ergebnis gewählt werden sollte:
Mit Regelkarten wird bestimmt, ob ein System beherrscht ist. Wenn dies der Fall ist, sind die Streuung und Lage Ihrer Messwerte prognostizierbar. Dabei muss zwischen „prognostizierbar“ und „gut“ differenziert werden. Doch erst, wenn wir wissen, dass ein System prognostizierbar ist, können wir festlegen, durch welche Änderungen das System gut werden kann. Wenn ein System beherrscht ist, stammt die Streuung im Diagramm aus gewöhnlichen Ursachen. (Bei der Verwendung einer Regelkarte wird davon ausgegangen, dass die Messungen vertrauenswürdig sind. Vermutlich sind Sie bereits mit der Messsystemanalyse vertraut. Falls nicht, lesen Sie den Artikel Informationen zu Messsystemanalysen.)
Betrachten wir ein einfaches Beispiel. Die folgenden Daten zeigen das Verhältnis zwischen angenommenen und nicht angenommenen Anrufen in einem Callcenter. Die Anteile sind unten in einer Zeitreihe dargestellt:
Einem Betrachter der Daten könnte auffallen, dass der höchste Punkt bei über 12 % liegt. Er würde sagen, dass es nicht annehmbar ist, dass fast einer von acht eingehenden Anrufen nicht beantwortet wird und dass die Ursache für diesen nicht akzeptablen Wert ermittelt werden muss. Doch das wäre sinnlos.
Stellen wir diese Daten lieber mit einer Regelkarte dar. Mit den folgenden Schritten können Sie die Regelkarte selbst erstellen:
Die erstellte Regelkarte zeigt die folgenden Anteile in den Teilgruppen:
Die Kontrollkarte zeigt, dass alle Punkte innerhalb der Kontrollgrenzen liegen. Es lässt sich erkennen, dass alle Punkte innerhalb der Eingriffsgrenzen liegen. Alle Daten in diesem System sind prognostizierbar. Bei einem prognostizierbaren System bringt eine Untersuchung der Ursachen für einen besonders hohen oder niedrigen Punkt kaum neue Erkenntnisse. Die unbeantworteten Anrufe sind hier auf gewöhnliche Ursachen zurückzuführen. Alle Verbesserungen, die keine Faktoren mit Auswirkungen auf den gesamten Prozess betreffen, sind höchstwahrscheinlich wirkungslos.
Betrachten wir nun ein Beispiel für einen anderen Fall. Die folgenden Daten zeigen die durchschnittliche Länge einer Teilgruppe von fünf Nockenwellen. Die Nockenwellen werden von drei unterschiedlichen Maschinen produziert. Dies sind die Mittelwerte in einem Liniendiagramm:
Besonders auffällig sind die beiden hohen Werte für Maschine 3. Der erste Impuls ist, diese Punkte genauer zu untersuchen, doch Regelkarten bieten uns noch mehr Informationen. Mit den folgenden Schritten können Sie die Regelkarte selbst erstellen:
Hier konzentrieren wir uns auf die Diagramme für Maschine 3 und Maschine 1. Bei Maschine 3 sehen wir erwartbare Werte: Die beiden hohen Punkte liegen über der oberen Eingriffsgrenze. Da diese Punkte nicht beherrscht sind, liegen in dieser Teilgruppe wahrscheinlich Ausnahmebedingungen vor. Wir können nun gezielt die Ereignisse im Zusammenhang mit dieser Teilgruppe untersuchen und so versuchen, eine Wiederholung des Vorfalls zu verhindern. Dadurch sollte der gesamte Prozess besser prognostizierbar werden.
Im Liniendiagramm ließ sich viel schlechter erkennen, dass Maschine 1 ebenfalls nicht beherrscht ist.
Bei Maschine 1 liegt die Teilgruppe 8 unter der unteren Eingriffsgrenze. Es sollte beachtet werden, dass Maschine 3 einen noch niedrigeren Wert in Teilgruppe 9 aufweist, aber dieser Punkt ist beherrscht, da die Streuung bei Maschine 3 größer als bei Maschine 1 ist – vermutlich aufgrund der Ausnahmebedingungen. Die Ausnahmebedingung für Maschine 1 muss ebenfalls untersucht und behoben werden. Damit allgemeine Prozessverbesserungen bei Maschine 1 und 3 vorgenommen werden können, muss sichergestellt sein, dass der Prozess prognostizierbar ist. Wenn die Maschinen nicht prognostizierbar sind, wissen wir noch nicht einmal, ob Änderungen auf Veränderungen am Prozess zurückzuführen sind oder ob der Prozess sich unerwartet verhält.
Regelkarten zeigen Ihnen, ob ein Prozess beherrscht ist. Wenn ein Prozess nicht beherrscht ist, müssen Sie Ausnahmebedingungen beheben, die vereinzelt Auswirkungen auf den Prozess haben. Danach sollte der Prozess beherrscht sein und sich prognostizierbar verhalten. Erst wenn der Prozess beherrscht ist, können Sie allgemeine Änderungen vornehmen. Sie wissen dann, dass neue Beobachtungen auf Ihre Änderungen zurückzuführen sind und nicht auf eine inhärente Unberechenbarkeit des Prozesses. Immer wenn Sie wissen möchten, ob Sie einen Prozess korrigieren müssen oder ob er sich optimieren lässt, benötigen Sie Regelkarten.