Definitive Screening-Versuchspläne (DSDs) sind eine neue Kategorie von Versuchsplänen (DOE), die besonders für die Produkt- und Prozessoptimierung interessant sind. Sie sind in der Minitab Statistical Software verfügbar.
In der Vergangenheit gab es verschiedene Versuchspläne, die für die Optimierung von Prozessen und Produkten zur Verfügung standen:
Screening-Versuchspläne, um die wenigen wirklich signifikanten Faktoren aus einer großen Anzahl potenzieller Kandidaten zu ermitteln
2k-faktorielle Versuchspläne, um neben den Haupteffekten Wechselwirkungen zu untersuchen und umfassendere Modelle zu erstellen
Wirkungsflächenversuchspläne, um quadratische Effekte zu beschreiben und optimale Einstellungen zu bestimmen
Definitive Screening-Versuchspläne weisen viele Gemeinsamkeiten mit diesen drei sehr unterschiedlichen Arten von Versuchsplänen auf.
Definitive Screening-Versuchspläne sind dreistufige Versuchspläne, mit denen quadratische Effekte (zweiter Ordnung) untersucht werden können. Mit nur einem Zentralpunkt und deutlich weniger Durchläufen als bei einem regulären Wirkungsflächenversuchsplan ist die Wahrscheinlichkeit, signifikante quadratische Terme zu erkennen (d. h. die Trennschärfe), allerdings nicht so hoch.
DSDs können auch als Screening-Versuchspläne betrachtet werden, da z. B. die Anzahl der Terme, die in einem vollständig quadratischen Modell geschätzt werden müssen, normalerweise deutlich größer als die Anzahl der Tests ist. Mit herkömmlichen Plackett-Burman-Screening-Versuchsplänen können nur Haupteffekte untersucht werden, während mit definitiven Screening-Versuchsplänen die Auswirkungen von Haupteffekten sowie von Zwei-Faktor-Wechselwirkungen und quadratischen Effekten untersucht werden können.
Im Gegensatz zu teilfaktoriellen Versuchsplänen, in denen einige Terme vollständig vermengt sind, bieten definitive Screening-Versuchspläne Schätzungen von Zwei-Faktor-Wechselwirkungen mit teilweiser Vermengung. Die Wechselwirkungen sind auch teilweise mit den quadratischen Termen vermengt. In einem DSD sind alle Haupteffekte hingegen frei von Aliasstrukturen (nicht mit anderen Termen vermengt), wie bei faktoriellen Versuchsplänen der Auflösung IV.Weitere Informationen zur Auflösung in faktoriellen Versuchsplänen finden Sie hier >
DSDs können daher als äußerst vielseitige Versuchspläne betrachtet werden. Sie sind definitiv in dem Sinn, dass sie eine umfassende, vielseitig einsetzbare und endgültige Lösung zur Planung von Versuchen bieten.
Betrachten Sie die folgende Struktur eines DSD-Felds.
Versuchsplantabelle eines DSD-Felds mit 13 Durchläufen für sechs Faktoren
Die letzte Zeile des oben abgebildeten DSD-Felds ist eindeutig ein Zentralpunkt (Einstellung 0 für alle Faktoren), während alle anderen Zeilen genau einen Nullwert enthalten (Diagonale des Felds). In einem Wirkungsflächenversuchsplan würden die Zeilen mit einem Nullwert als Sternpunkte betrachtet werden. Mit diesem dreistufigen Versuchsplan können quadratische Effekte untersucht werden.
Mit einem einzigen Zentralpunkt sind nur quadratische Effekte, die deutlich genug sind, erkennbar. Wenn es aber darum geht, das Optimum zu ermitteln, wird das Hauptaugenmerk des Prüfers vermutlich auf großen Krümmungen liegen, die deutlich von einem einfachen linearen Modell abweichen.
Definitive Screening-Versuchspläne: Abdeckung des experimentellen Raums
Betrachten Sie die ersten beiden Zeilen des Felds: Die zweite Zeile ist eine Spiegelung (Faltung) der ersten Zeile (mit einer systematischen Umkehrung der Vorzeichen). Dies basiert auf einem bekannten Verfahren zum Konvertieren eines Screening-Versuchsplans in einen faktoriellen Versuchsplan der Auflösung IV (sodass alle Haupteffekte frei von Aliasstrukturen sind).
In einem faktoriellen Versuchsplan der Auflösung III weisen z. B. Zwei-Faktor-Wechselwirkungen eine (vollständige) Aliasstruktur mit Haupteffektfaktoren auf. Wenn man aber den anfänglichen Screening-Versuchsplan repliziert und alle Vorzeichen systematisch umkehrt (faltet) und dann die anfängliche Screening-Fraktion mit der gefalteten Fraktion kombiniert, führt dies zu einem faktoriellen Versuchsplan der Auflösung IV, in dem Vermengungen zwischen Haupteffekten und Zwei-Faktor-Wechselwirkungen aufgelöst wurden. Alle Zeilen in diesem DSD-Feld (mit Ausnahme der Zentralpunkte) sind ebenfalls paarweise Spiegelungen einer anderen Zeile.
Daher weist keine Zwei-Faktor-Wechselwirkung in einem DSD eine Aliasstruktur mit einem Haupteffekt auf, auch wenn Zwei-Faktor-Wechselwirkungen (teilweise) miteinander vermengt sind. In DSDs sind Effekte zweiter Ordnung ebenfalls teilweise mit Zwei-Faktor-Wechselwirkungen und miteinander vermengt, die Haupteffekte sind allerdings vor Vermengung geschützt.
In einem DSD mit 13 Durchläufen und 6 Faktoren gilt beispielsweise:
Korrelationen zwischen Zwei-Faktor-Wechselwirkungen liegen zwischen ±0,25 und ±0,5 (teilweise Vermengung)
• 2k-faktorielle Versuchspläne, um neben den Haupteffekten Wechselwirkungen zu untersuchen und umfassendere Modelle zu erstellen
Mit Korrelationen von 0,133 zwischen quadratischen Effekten
Korrelationen zwischen Wechselwirkungen und quadratischen Effekten entsprechen entweder 0 oder ±0,465
Der herkömmliche Ansatz zur Versuchsplanung beginnt mit einem Screening-Versuchsplan, um die wichtigen Haupteffekte zu ermitteln. Dieser Screening-Versuchsplan wird dann in einen Versuchsplan der Auflösung IV transformiert, um die Wechselwirkungen zu betrachten.
Hierzu kann entweder der ursprüngliche Screening-Versuchsplan gefaltet werden oder er kann (aufgrund der „projektiven“ Eigenschaften von Screening-Versuchsplänen), nachdem die Anzahl der Terme auf die statistisch signifikanten Terme reduziert wurde, in einen vollständigen 2k-Versuchsplan (mit einigen Replikationen) „projiziert“ werden. In einigen Fällen sind alle Tests, die für einen vollfaktoriellen Versuchsplan benötigt werden, bereits im Screening-Versuchsplan enthalten, sodass keine weiteren Versuche erforderlich sind.
Und schließlich kann dieser Versuchsplan durch Hinzufügen von Stern- und Zentralpunkten in einen Wirkungsflächenversuchsplan transformiert werden.
Mit DSDs ist all dies in einem Schritt möglich, wodurch sie als definitiv bezeichnet werden können.
Aufgrund der großen Anzahl möglicher Terme in einem vollständig quadratischen Modell (Haupteffekte plus Zwei-Faktor-Wechselwirkungen plus quadratische Effekte bei mehr Termen als Durchläufen) sind normalerweise keine weiteren Freiheitsgrade vorhanden, um den Fehlerterm zu schätzen. DSDs sind häufig saturierte Versuchspläne, sodass eine schrittweise Regression in der Analysephase erforderlich ist (siehe den unten in Minitab angezeigten Vorschlag).
Sie sollten die Analyse mit einem schrittweisen Verfahren ausführen, um wichtige Terme zu ermitteln.
DSDs basieren auf dem Prinzip der wenigen Effekte. Wir erwarten, dass bei einer sehr großen Anzahl möglicher Terme nur wenige wirklich signifikant sind.
DSDs können als vielseitige und äußerst flexible DOE-Variante betrachtet werden. Im Vergleich zu speziellen Wirkungsflächenversuchsplänen ist die Trennschärfe zum Erkennen eines quadratischen Effekts natürlich deutlich geringer. In dieser Hinsicht scheinen DSDs eine kostengünstigere Alternative zu zentral zusammengesetzten oder -Versuchsplänen mit deutlich weniger Durchläufen, nur einem Zentralpunkt und natürlich geringerer Trennschärfe zu sein.
Die Analysephase ist komplexer als bei regulären faktoriellen Versuchsplänen, da DSDs häufig vollständig saturierte Versuchspläne sind und Wechselwirkungen sowie quadratische Terme teilweise miteinander vermengt sind. Sie funktionieren gut, wenn das Prinzip der wenigen Effekte gilt, da das zugrunde liegende Modell im Vergleich zur großen Anzahl von anfänglich möglichen Termen nicht zu komplex ist.
Auf unseren Support-Seiten finden Sie weitere Informationen zu definitiven Screening-Versuchsplänen In unseren Schulungen lernen Sie die verfügbaren Versuchspläne in der Minitab Statistical Software kennen und können die am besten geeignete Option für Ihr Projekt auswählen. Weitere Informationen hierzu finden Sie in der Kursbeschreibung zu DOE in der Praxis.