Der Minitab Blog

Innovationen im Spritzguss: Expertenwissen im Fokus

Geschrieben von Caitlin Pagano | 22.11.2024 17:37:41
Im ersten Teil unserer Interviewreihe mit Andreas und Björn, Fachleuten aus der Spritzgießbranche, haben wir die Rolle der Entscheidungsfindung bei der Optimierung des Spritzgießverfahrens anhand von Daten untersucht. Wenn Sie dieses Gespräch verpasst haben, können Sie es hier nachlesen.

Jetzt untersuchen wir eingehender, wie Unternehmen mit Minitab Probleme im Spritzgussbereich meistern können – angefangen bei der Senkung der Ausschussraten bis hin zur Beschleunigung der Produktion ohne Einbußen bei der Qualität. In diesem zweiten Teil zeigen Andreas und Björn anhand konkreter Beispiele, worauf es Fachleuten wirklich ankommt, die ihre Prozesse optimieren wollen.

 

ERFAHREN SIE MEHR ÜBER DIE FACHLEUTE:

Björn Noreik ist zertifizierter Minitab-Trainer und Lean Six Sigma Master Black Belt mit über 25 Jahren Erfahrung bei der Optimierung von Fertigungsprozessen und -produkten in verschiedenen Branchen, darunter Automobilbau, Elektronik, Pharma und Kunststoff. Als Fachmann für statistische Hilfsmittel und Ansätze für maschinelles Lernen unterstützt Björn Projektteams dabei, Qualität und Effizienz durch solche Methodiken wie die Versuchsplanung (DoE) zu verbessern. Außerdem ist er Vorstandsmitglied des European Six Sigma Club Deutschland (ESSC-D) und Mitglied in der Jury für den German Six Sigma Award.
Andreas Thümmel ist Professor für angewandte Mathematik in Darmstadt. Als erfahrener Berater bietet er seinen Kunden außerdem Schulungen, Workshops und Mitarbeit an Projekten an. Dafür gründete er 2009 eine Firma, die solche Leistungen auf dem Markt anbietet. Seine Erfahrung basiert auf der Analyse und Optimierung komplexer Wirtschafts- und Industriedaten in verschiedenen Branchen. Dazu gehören die Materialwissenschaft, die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Automobilindustrie, Elektronik, die Pharmaindustrie, Biowissenschaften und die Kunststoffindustrie. Sein Schwerpunkt liegt auf Forschung, Entwicklung und Support auf der Grundlage statistischer und datenwissenschaftlicher Ansätze, um die damit verbundenen Entwicklungen und Prozesse für seine Partner und Kunden zu verbessern.

Wie können Unternehmen Risiken im Zusammenhang mit Rohstoffen, wie Toxizität und Lieferantenschwankungen, durch den Einsatz von Datenanalysen besser managen?

Andreas: 

Unstimmigkeiten bei den Zulieferern, insbesondere durch die zunehmende Verwendung von recycelten Materialien, stellen eine wachsende Herausforderung dar. Diese Materialien verhalten sich oft unterschiedlich, was die Produktionsprozesse erschwert. Statistische Werkzeuge wie SPC und Regressionsanalyse sind entscheidend, um diese Schwankungen zu bewältigen. Zudem hilft die Versuchsplanung (Design of Experiments, DoE) dabei, Materialvariationen zu verstehen und darauf zu reagieren – besonders bei komplexen Prozessen wie der Herstellung von Schaumstoffen und 3D-gedruckten Teilen.

Björn 

Es ist entscheidend, dass man sich auf seine Lieferanten verlassen kann. Aber selbst kleine Veränderungen in der Formulierung von Rohstoffen können zu spürbaren Veränderungen in der Produktqualität führen. Auch wenn es unmöglich ist, auf alle möglichen Probleme zu testen, kann man mit Hilfe von SPC-Regelkarten Abweichungen erkennen, auch wenn die Ursache nicht sofort klar ist. Eine Zunahme der Varianz kann z.B. auf eine Veränderung in der Rohstoffqualität hinweisen. Wenn sich ein Muster zeigt, kann man weitere Untersuchungen anstellen, um festzustellen, ob die Abweichung Auswirkungen auf die nächsten Produktionsschritte oder für den Endkunden hat.

Mit den SPC-Werkzeugen kann der Hersteller Probleme erkennen, bevor die Produkte beim Kunden ankommen. Diese Diagramme zeigen jedoch nicht, warum eine Veränderung eingetreten ist. Sie zeigen lediglich, dass etwas anders ist. Sobald man die Abweichung entdeckt hat, muss man den Prozess oder das Material genauer untersuchen, um die Ursache zu finden. Mit dieser Methode kann der Hersteller Trends erkennen, z. B. einen geringeren Verfahrensdruck, und entsprechende Anpassungen vornehmen, um eine gleichbleibend hohe Produktqualität zu gewährleisten. Die Regelkarte wird zu einem Sortierwerkzeug, mit dem potenzielle Fehler erkannt und verhindert werden kann, dass fehlerhafte Produkte das Werk verlassen, bevor man das zugrunde liegende Problem vollständig versteht.

 

Können Sie Beispiele aus der Praxis nennen, bei denen mit Hilfe von Minitab die Ausschussrate in einem Spritzgießverfahren erheblich reduziert werden konnte?

Andreas: 

Ja, natürlich. Wir haben viele Beispiele aus der Praxis. Manche davon sind jedoch aufgrund der Vereinbarungen mit bestimmten Unternehmen vertraulich. Wir haben aber auch Forschungsprojekte. Ich arbeite mit der Universität Darmstadt zusammen. Wir haben Bachelor- und Masterarbeiten sowie weitere Forschungsprojekte, bei denen die Datenanalyse zu einem wichtigen Bestandteil geworden ist. Das Institut für Kunststofftechnologie in Darmstadt konzentriert sich zunehmend darauf, Daten- und Computerwissenschaft und Datenbankverwaltung in ihre Forschungsprojekte zu integrieren.

In der Vergangenheit ging es in der Forschung hauptsächlich um Materialuntersuchungen. Jetzt sehen wir jedoch, welchen Wert die Datenwissenschaft hat. Dazu müssen Teams aus der Computerwissenschaft, Ingenieure und Statistiker zusammenarbeiten. Der Schlüssel zum Erfolg ist die Kombination dieser Disziplinen, um umsetzbare Einblicke zu gewinnen. Obwohl ich auf konkrete Beispiele aus der Praxis nur eingeschränkt eingehen kann, konnten wir bei diesen Forschungsarbeiten mit Werkzeugen wie SPC, Regressionsanalyse und Versuchsplanung (DoE) erhebliche Erfolge erzielen.

Björn: 

Ein Beispiel aus der Praxis, ohne den Kunden zu benennen, betraf ein Unternehmen, das mit typischen Problemen beim Spritzgießen konfrontiert war: Schrumpfung, Oberflächenfehler und Fehlgüsse (sog. Short Shots), bei denen die Form nicht vollständig gefüllt wird. Diese Probleme treten häufig auf, und auch wenn sie unkompliziert erscheinen, kann es kompliziert sein, die Ursache zu ermitteln. Das Unternehmen versuchte verschiedene Ansätze – Druck-, Temperatur- und Einspritzkanalanpassungen – konnte das Problem jedoch nicht finden.

In dieser Phase wandte man sich Minitab zu, um einen systematischeren, datengestützten Ansatz zu verfolgen. Mit Werkzeugen wie Minitab Workspace und DFSS (Design for Six Sigma) wurde das Projekt abgebildet und die kritischen Faktoren ermittelt, die Auswirkungen im Sinne von Fehlgüssen hatten. Ein einfaches faktorielles DoE mit Zentralpunkten zeigte Wechselwirkungen zwischen der Temperatur des Kunststoffs und der des Werkzeugs, die man zuvor nicht berücksichtigt hatte. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Zahl der Fehlgüsse auf null gesenkt.

Dies ist ein klassisches Beispiel, bei dem das Unternehmen mit Hilfe von Minitab nicht mehr bloß nach Versuch und Irrtum vorzugehen brauchte und stattdessen einen strukturierten Ansatz verfolgen konnte. Das führte schnell zu wirksamen Ergebnissen. Fehlgüsse – wenn ein Produkt, z. B. eine Kavität, nur zu 70 oder 80 % statt zu 100 % gefüllt ist – sind ein weit verbreitetes Problem, häufig verursacht durch eine zu geringe Temperatur oder unzureichenden Druck. Mit Minitab konnte man die Faktoren leicht visualisieren und optimieren und so ein Problem lösen, mit dem man seit Jahren lebte.

 

Was sind die Hauptprioritäten für Profis in der Spritzgussindustrie? Wenn sie ihre Prozesse schneller und kostengünstiger machen wollen, wie sieht das in der Praxis aus? 

Björn:

Es geht nicht nur darum, die Dinge kostengünstiger zu machen, sondern auch darum, die Geschwindigkeit zu steigern. Ich erinnere mich an einen Kunden, der seinen Formprozess gut unter Kontrolle hatte und seinen Kunden mit ausreichend Selbstvertrauen sagen konnte: „Ich kann jede nötige Menge innerhalb eines kurzen Zeitrahmens herstellen.“ Ob der Kunde also z. B. 80 oder 10.000 Teile braucht, spielt keine Rolle. Geschwindigkeit und Flexibilität sind der Schlüssel. Dieses Unternehmen konnte seine Maschinen mehrmals am Tag rüsten – manchmal bis zu drei- oder viermal – um Kleinteile herzustellen und so die genauen Kundenanforderungen zu erfüllen. Diese Fähigkeit, schnell Anpassungen vorzunehmen, gibt dem Unternehmen eine hohe Flexibilität und einen Wettbewerbsvorteil, wenn es sich in der Nähe der Werke seiner Kunden befindet.

Andreas:

Zeit ist schließlich Geld. Je schneller man ist, desto profitabler wird man. Wenn Björn und ich ein Unternehmen besuchen, dann weil es ein bestimmtes Problem lösen muss. Wir sind normalerweise Teil einer Arbeitsgruppe oder eines Problemlösungsteams. In solchen Fällen sind die Kosten nicht einmal das Hauptproblem. Das Ziel ist, schnell eine Lösung zu finden. Wenn man die Wahl zwischen schneller oder billiger hat, ist die Antwort klar: Schneller ist besser. Und es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch darum, sicherere und robustere Lösungen zu entwickeln. Letztendlich müssen sich alle Ansprüche, die wir in unseren Präsentationen erheben, auf Daten stützen. Das geschieht häufig, indem Hypothesen getestet werden oder andere statistische Methoden zur Anwendung kommen, um nachzuweisen, dass die Lösung gültig und wirksam ist.

 

Die Zukunft des Spritzgusses: Schnellere und intelligentere Lösungen

In der Spritzgussindustrie kommt es auf Geschwindigkeit, Präzision und Anpassungsfähigkeit an. Andreas und Björn betonen, dass der Erfolg häufig davon abhängt, ob man Probleme schnell lösen und robuste Lösungen umsetzen kann, die sich auf Daten stützen. Mit den leistungsstarken Werkzeugen von Minitab können die Fachleute nicht nur komplexe Probleme erkennen und lösen, sie behalten damit auch in einer Branche, die sich ständig weiterentwickelt, stets die Nase vorn. Ob man nun Sie die Ausschussraten senken oder die Produktionsgeschwindigkeit optimieren will, Minitab ist ein unverzichtbarer Partner für Unternehmen der Spritzgussbranche, die kontinuierliche Verbesserungen anstreben.

 

Effizienz und Präzision für Ihre Spritzgussverfahren